T Coronae Borealis: In Kürze flammt am Himmel ein neuer Stern auf (2024)

Wollen Sie die wahrscheinlich grösste Explosion Ihres Lebens sehen? Dann sei Ihnen ein Blick ins Sternbild Nördliche Krone empfohlen. Dort wird demnächst ein himmlisches Höllenfeuer ausbrechen.

Franziska Konitzer (Text); Joana Kelén (Grafik)

5 min

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T Coronae Borealis: In Kürze flammt am Himmel ein neuer Stern auf (1)

Wann genau die Nova T Coronae Borealis explodieren wird, weiss der Astronom Brad Schaefer auch nicht, aber lange dürfte es nicht mehr dauern: «Der beste Zeitpunkt ist eigentlich genau jetzt», sagt er. Die Spannung steigt – und die Anspannung auch, dass die Nova doch bitte nicht vor dem Erscheinen dieses Artikels explodieren möge.

Schliesslich wäre es schade, die wahrscheinlich grösste Explosion zu verpassen, die man zu Lebzeiten zu Gesicht bekommen dürfte. Zur Beruhigung: Das Ganze geschieht in einer sicheren Entfernung von rund 3000 Lichtjahren. Doch wenn dort noch in diesem Jahr bis September und eher früher als später die Nova T Coronae Borealis explodieren wird, wird sie als neuer Stern am Nachthimmel erscheinen – ein leuchtendes Juwel in ihrem Sternbild Nördliche Krone, das mit dem blossen Auge bewundert werden kann.

Ein Weisser Zwerg überfrisst sich, bis er explodiert

Normalerweise fristet T Coronae Borealis ein unauffälliges Dasein als Doppelsternsystem, bei dem sich ein Roter Riesenstern sowie der ausgebrannte Überrest eines einst sonnenähnlichen Sterns, ein sogenannter Weisser Zwerg, umkreisen. Das System ist so leuchtschwach, dass man es nur mit einem Teleskop beobachten kann.

Doch der Weisse Zwerg saugt Materie von seinem Begleiter ab, immer mehr und immer mehr, bis es ihm irgendwann zu viel wird und er explodiert. «Das ist eine thermonukleare Explosion, wie eine Wasserstoffbombe», sagt Marc Eichenberger, Amateurastronom und Präsident der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft. «Aber diese Wasserstoffbombe zerstört nicht den ganzen Weissen Zwerg, sondern findet nur an seiner Oberfläche statt.»

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Dadurch unterscheidet sich eine Nova von einer Supernova: Beides sind Begriffe für Sternexplosionen und Abkürzungen von «nova stella», dem lateinischen Begriff für «neuer Stern». Allerdings explodiert bei einer Supernova nicht nur die Oberfläche, sondern gleich der ganze Stern.

Damit ist eine Supernova zwar energiereicher und potenziell spektakulärer als eine Nova. Ihr grosses Manko besteht aber darin, dass Astronomen einerseits nicht vorhersagen können, wann und wo eine explodieren wird, und eine Supernova andererseits eine einmalige Angelegenheit ist – schliesslich wird der Stern dabei in atomare Stücke gerissen. Die letzte Supernova, die mit blossem Auge von der Erde aus sichtbar war, ereignete sich im Jahr 1604, zu Lebzeiten des deutschen Astronomen Johannes Kepler.

Alle achtzig Jahre eine Explosion

Die Nova T Coronae Borealis hingegen glänzt durch ihre Vorhersagbarkeit: Sie gehört zur Gruppe der sogenannten wiederkehrenden Novae. Das sind Sternexplosionen, die sich nicht nur einmal, sondern mehr oder weniger regelmässig ereignen. In unserer Heimatgalaxie, der Milchstrasse, sind nur zehn solcher wiederkehrender Novae bekannt. T Coronae Borealis leuchtet rund alle achtzig Jahre am Himmel auf: das letzte Mal im Jahr 1946, davor im Jahr 1866 – und jeweils nur ein paar Tage lang, bevor die Nova wieder zu ihrer ursprünglichen niedrigen Helligkeit zurückkehrt.

Brad Schaefer beschäftigt sich schon seit seiner Schulzeit mit dieser Nova, hat in historischen Aufzeichnungen nach weiteren Sichtungen gesucht und ist fündig geworden. In einem Augenzeugenbericht aus dem Jahr 1217 beschreibt der Priester und Geschichtsschreiber Burchard von Usberg aus dem heutigen Deutschland ein «wundervolles Zeichen» in südwestlicher Richtung am Himmel: «Wie wir selbst beobachtet haben, war das ursprünglich ein leuchtschwacher Stern, der für kurze Zeit sehr hell aufleuchtete.»

Der Zeitpunkt passt, der Ort am Himmel passt, die Beschreibung als «stella», also als «Stern», das heisst als leuchtende Punktquelle, passt – Brad Schaefer ist sich ziemlich sicher, dass der mittelalterliche Geschichtsschreiber vor rund 800 Jahren dieselbe Nova gesehen hat, auf die derzeit so viele Astronomen sehnsüchtig warten.

Die Zeichen stehen gut, dass es bald so weit ist: Im Jahr 2015 wurde T Coronae Borealis ein klein wenig heller. Im März 2023 sank die Helligkeit schliesslich wieder, genau wie im Jahr 1945, rund ein Jahr bevor die Nova dann im Februar 1946 explodierte. Die genaue Ursache für diesen Helligkeitsabfall vor der Explosion ist unklar, aber eines ist sicher: Seitdem lassen vor allem Amateurastronomen auf der ganzen Welt die Nova nicht mehr aus dem Blick ihrer Teleskope: «Im Durchschnitt gibt es alle sechs Minuten eine Beobachtung von T Coronae Borealis», sagt Brad Schaefer.

«Da ist schon Vorfreude da», bestätigt Marc Eichenberger. «Jedes Mal, wenn ich mich mit Kolleginnen und Kollegen treffe, ist das Thema. Man wirft immer einen Blick darauf: Sieht man schon was?»

Die Nova wird mit blossem Auge zu sehen sein

Ohne Teleskop sieht man derzeit noch nichts. Aber wenn die Nova einmal explodiert ist, wird sie etwa so hell wie Polaris, der Polarstern, sein. Das heisst, dass sie am Nachthimmel wie ein neuer, relativ heller Stern erscheinen wird, der problemlos mit dem blossen Auge gesehen werden kann – aber er ist nicht so hell wie beispielsweise die Planeten oder der derzeit hellste Stern am Nordhimmel, Arktur im Sternbild Bärenhüter.

Dieser Stern kann aber bei der Navigation helfen: Wenn man den Bogen der Deichsel des Grossen Wagens weiter verlängert, gelangt man zu Arktur. Direkt neben seinem Sternbild Bärenhüter befindet sich nordöstlich das Sternbild Nördliche Krone, zu dem T Coronae Borealis gehört. Das Sternbild schaut aus wie ein kleiner Halbkreis, der einem Diadem ähnelt. Und wenn in diesem Diadem ein neues Juwel erscheint, ist die Nova explodiert.

Die Himmelsmechanik zeigt sich für die Schweiz praktischerweise in diesen Wochen und Monaten gnädig: «Für dieses Sternbild ist derzeit tatsächlich Hochsaison», sagt Marc Eichenberger. Als typisches Sternbild des Frühlings geht die Nördliche Krone beispielsweise am Standort Zürich schon vor Sonnenuntergang auf und ist die ganze Nacht über gut zu sehen.

Noch ist es nicht so weit mit der riesigen Explosion. Aber Brad Schaefer weiss nach Jahrzehnten des Wartens schon, was er dann machen wird: «Dann gehe ich raus und schaue nach oben. Jeder sollte das tun», sagt er. Denn: «Das ist ein Höllenfeuer am Himmel – und man kann es sehen!»

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